Paraderolle für Cecilia Bartoli

Giovanni Paisiellos "Nina" in der Regie von Cesare Lievi

Aufzeichnungen traditioneller Opern gehören heute zum Repertoirekern jedes DVD-Klassiklabels. Bei vielen handelt es sich leider nur um fantasielose Abfilmungen konventioneller Inszenierungen, die unter dem Motto "Schöne Stimmen in prunkvollem Dekor" den Massengeschmack befriedigen. Eine löbliche Ausnahme bildet die Produktion mit Giovanni Paisiellos Nina ossia La pazza per amore von 2002 aus dem Opernhaus Zürich. Zwar bewegt auch sie sich in durchaus herkömmlichen Bahnen. Doch die unspektakulär genaue Art, wie der Bühnenregisseur Cesare Lievi mit der Vorlage umgeht, bringt die Mischung von Komik, aufklärerischem Optimismus und Rührung in dieser Buffa von 1789 zu einem glücklichen Gleichgewicht. So kann sich auch die herzerfrischend vitale Musik, die alles trägt, ungehindert entfalten.

Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung ist Cecilia Bartoli, die sich in dieser Geschichte von der Frau, die über dem Verlust ihres Geliebten wahnsinnig wird, als überragende Sängerdarstellerin präsentiert. Geschickt hat ihr der Regisseur, ganz im Stil der Zeit, noch die aufwühlende Mozart-Arie "Ah, lo previdi" (KV 272, nach einem Arientext wiederum von Paisiello) in die Rolle hineingeschmuggelt, und indem er dem mehr vom Libretto als von der Musik propagierten Happy End nicht traut, bleibt dieser Nina am Schluss ein Anflug von Tragik erhalten, ähnlich wie in Mozarts Così fan tutte, wo zu Schluss ja auch psychische Trümmer zurück bleiben. Auch die andern Rollen sind vorzüglich besetzt; vom Orchester unter Adam Fischer gehen wesentliche Impulse aus.

Etwas Grundsätzliches zum Begleitheft: Dass der Name des Bühnenregisseurs – hier handelt es sich immerhin um einen international renommierten Theatermann und Autor – irgendwo zwischen den Hilfstruppen von Film und Fernsehen erwähnt wird, wirkt extrem unbedarft, ist aber leider bei vielen DVD-Produktionen die Regel. Darin zeigt sich ein Stück Überheblichkeit des Mediums gegenüber den schöpferisch Tätigen.

© Max Nyffeler 2003

DVD: Giovanni Paisiello: Nina ossia La pazza per amore. Cecilia Bartoli, Jonas Kaufmann, László Polgar u. a.; R: Cesare Lievi; ML: Adam Fischer (Opernhaus Zürich 2002) / DTS 5.1, PCM Stereo / 120 min. plus 46 min. Dok. / Arthaus 100366

(11/2003)

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